Ein Medium,
seiner lateinischen Wortherkunft nach, ist das
Mittlere. In einem doppelten Sinne als Mittleres und Mittler, vermittelt es
als Mittleres, beispielsweise zwischen Sender und Empfänger, etwas zwischen
beiden, beispielsweise Information. Das Radio ist das Medium für den Hörfunk,
die Schrift ein Medium der Sprache, Luft ein Medium für Schallwellen mündlich
überlieferter Worte und so fort.
Das Medium
Internet zeichnet sich unter anderem durch seine Echtzeit aus. Gerade in Zeiten
weltweiter Verbreitung und kabellosen, mobilen Internetzugangs ist Sendung und
Abruf von Daten jederzeit und allerorts online möglich. Bücher müssen zunächst,
vor der Vermittlung der in ihnen enthaltenen Sprache (denn Sprache an sich ist
ein Medium für Gedanken), geschrieben, gedruckt und verteilt, also verkauft
werden. Selbst vom Druck bis zur Auslage im Laden sind diverse
Vermittlungsschritte nötig. Briefe müssen nach ihrer Anfertigung zunächst
verschickt und empfangen werden. Funk- und Fernsehbeiträge beinhalten den
Vermittlungsschritt der Aufzeichnung, zudem ist die Sendung bestimmter Inhalte
durch einen festen Zeitpunkt und einen festen Ort vermittelt. (Der Tatort kommt
sonntags um 20:15 Uhr im Ersten, und zwar
nur dann und nur dort, selbst
Wiederholungen haben ihren festen Platz im Programm.) All diese Vermittlungen,
im Sinne von Verzögerungen und Einschränkungen, fallen im Zeitalter digitaler
Vernetzung weg – Information in der digitalen Sphäre wird gleichsam
unvermittelt übertragen.
Diese
Beschreibung ist zwar eine überspitzte Pointierung – natürlich bedarf es bei
der digitalen Informationsübertragung auch einer Vermittlung – doch verläuft
Sendung und Abruf von Information über das Internet im Vergleich zu allen
anderen Medien gleichsam am unvermitteltsten. Es ergibt sich an dieser
Stelle das Problem, inwiefern der klassische Medienbegriff der
quasi-unvermittelten, echtzeitigen Übertragung von Informationen im Internet
überhaupt noch standhält. Oder, aufgrund der im Deutschen fehlenden Vokabel immediate
(unmittelbar, sofortig, direkt, von lateinisch immediatus:
unmittelbar, unvermittelt) pointiert auf Englisch gefragt: Is immediate
media still media?
Desweiteren
erheben sich Zweifel, inwiefern sich der Begriff des Mediums als Mittleres in
der netz- und gewebeartigen, horizontalen Struktur interpersonaler
Kommunikation in der digitalen Sphäre überhaupt noch lokal als Mitte definieren
lässt. Kommunikation online läuft sowohl zwischen Einzelnen, als auch zwischen Einem
und Vielen, Vielen mit Vielen etc. ab. Das klassische Schema "Sender
-> Medium -> Empfänger" wird aufgebrochen: Wir brauchen eine neue Medientheorie.
Du sprichst mit der Betonung des "Mittleren" etwas höchst Interessantes an, nämlich dessen Unterbetonung. Das ist seit jeher ein Graubereich nebulösesten Ausmaßes: Geisterseher nennt man oft Medien und Musiker pflegt man als Interpreten zu titulieren. Und alles hängt scheinbar vom Sender-Mittler-Empfänger-Schema ab.
AntwortenLöschenDer Vorteil eines solchen Schemas liegt auf der Hand: Es lässt sich auf jedes - wenn auch nur vermeintliches - Input-Output-Verhältnis übertragen.
Nur über die Qualitäten dieser Ein- und Ausgänge muss sich m. E. jede Medientheorie letztlich jede Aussage verbieten, wenn sie eine solche sein will.
So könnten bspw. spontane Erleuchtungserlebnisse mit dem alltäglichen E-Mail-Verkehr in eine Schublade passen. Aber ist es das, was eine Medientheorie leisten können soll?
Oder andersherum gefragt: Soll eine Medientheorie so etwas von vornherein nicht leisten dürfen?
Die Geschwindigkeit der Datenübertragung ist bei meinen Erwägungen aus dem Grund ganz egal, weil ich glaube, dass es ganz sinnlos wäre, sie von diesem Faktor abhängig zu machen. Offenheit für jeden, Qualität und Quantität sind m. E. sekundäre Eigenschaften und gehörten vielmehr in die Sparte Mediennutzung bzw. Medienqualitätssicherung.